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Enerige & Management > E&M Vor 20 Jahren - Brinker prognostiziert „dramatischen Wandel“
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
E&M VOR 20 JAHREN:
Brinker prognostiziert „dramatischen Wandel“
Im Jahr 2004 beschäftigte die Strombranche unter anderem die nahende Einführung einer Regulierungsbehörde.
 
Vor 20 Jahren, als noch der VDEW die Interessen eines Großteils der deutschen Stromwirtschaft vertrat, lud der Verband zu seiner Jahrespressekonferenz nach Berlin ein. Die Themen damals waren ähnlich wie heute vor allem Preise und Klimaschutz.

Die damalige E&M-Korrespondentin Cerstin Gammelin war vor Ort und bekam viele Zahlen präsentiert. Hier ihr Beitrag vom Juni 2004.
 
Trotz steigender Öl- und anderer Rohstoffpreise werden die Strompreise für Industrie und Haushalte in diesem Jahr konstant bleiben, kündigte Werner Brinker, Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), auf der Jahrespressekonferenz in Berlin an.

Die breite Palette der zur Stromerzeugung genutzten Energiequellen in Deutschland minimiere die Preisrisiken, so Brinker weiter. Derzeit zahlt ein Drei-Personen-Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3 500 kWh monatlich 52,38 Euro. Davon entfallen 31,52 Euro auf Stromerzeugung, Transport und Vertrieb, der Rest auf staatliche Steuern und Abgaben. Mit 1,58 Euro schlägt der Ausbau der erneuerbaren Energien zu Buche. Im Jahr 2001 habe die Stromwirtschaft lediglich 25,05 Euro an Kosten auf die Verbraucher umgelegt.
 
Fossile Energieträger dominieren Energiemix
 
Der Stromverbrauch in der allgemeinen Versorgung stieg 2003 in Deutschland witterungsbedingt um 1,5 Prozent. Der Umsatz der Branche wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten in der Stromwirtschaft blieb mit 131.000 auf Vorjahresniveau. Seit der Liberalisierung des Marktes 1998 bauten die Unternehmen rund 40.000 Arbeitsplätze ab. Gleichzeitig stieg die Arbeitsintensität deutlich an. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes belief sich die durchschnittliche Stromabgabe pro Mitarbeiter im Jahr 1998 auf 2.840.000 kWh, 2003 lag dieser Wert nach Schätzungen des VDEW bei 3.810.000 kWh. Gleichzeitig sanken die Investitionen der Unternehmen. Wurden 1998 noch 1,66 Milliarden Euro in Kraftwerke und 2,7 Milliarden Euro in Netze investiert, lagen diese Werte 2003 bei 1,06 Milliarden Euro bzw. 2,04 Milliarden Euro.

Braun- und Steinkohle waren mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an der Stromerzeugung 2003 wiederum die wichtigsten Energieträger. Der Anteil der Kernenergie sank um 1 Prozentpunkt auf 28 Prozent, Erdgas trug 10 Prozent zur Stromerzeugung bei (2002: 8 Prozent) und erneuerbare Energien steuerten 8 Prozent bei (2002: 5,9 Prozent). Für die kommenden Jahre prognostizierte Brinker einen steigenden Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung. „Gas hat enorme Anwendungsvorteile“, so der VDEW-Präsident. Vor allem in kleinere und flexible Kraftwerke mit 150 bis 200 MW Leistung könnte investiert werden.

Regulierer verzögert sich

Brinker sagte einen „dramatischen Wandel“ in der Stromwirtschaft voraus. Die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) werde die Regulierung der Stromnetze einführen. Bei der Festlegung der Vollzugsaufgaben der Regulierungsbehörde müsse die Politik zwischen den Interessen der Betreiber der Stromnetze und den Interessen ihrer Nutzer abwägen. „Es steht viel auf dem Spiel“, sagte Brinker. Sorgfalt sei wichtiger als Schnelligkeit. Ursprünglich sollte die Novelle des EnWG am 1. Juli in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch die Regulierungsbehörde für den Strom- und Gasmarkt ihre Arbeit aufnehmen. Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP), rechnet nunmehr nicht vor Beginn des Jahres 2005 mit der Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen. Die Bonner Behörde soll nach dem Willen von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement künftig die Einhaltung der Spielregeln auf dem Energiemarkt überwachen.

Planungssicherheit ohne Klimaschutzvorgaben

Die hohen Anforderungen der Stromwirtschaft an die Politik begründete Brinker mit dem Investitionszyklus der Branche. In der ersten Wettbewerbsphase habe die Branche viele Überkapazitäten abgebaut, was zu einem „dramatischen Verdrängungswettbewerb“ und sinkenden Preisen geführt habe. Nun befinde sich die Stromwirtschaft im Übergang zur zweiten Wettbewerbsphase. Rund 40.000 MW an fossiler Kraftwerkskapazität müssten in den kommenden 20 Jahren ersetzt werden. Hinzu kommen der Erhalt und Ausbau der Stromnetze. „Wir hoffen, dass alle Investitionen in Deutschland getätigt werden“, sagte Brinker. Für die Ausgaben in Milliardenhöhe sei jedoch Klarheit über den energiepolitischen Kurs in Deutschland und in Europa notwendig.

Der VDEW-Präsident lehnte es ebenso wie VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller ab, Angaben zu potenziellen künftigen Klimaschutzzielen für die Stromwirtschaft zu machen. Die Selbstverpflichtung der deutschen Industrie sei im Nationalen Allokationsplan verarbeitet worden. Die Branche wolle die erste Phase des europaweiten Emissionshandels von 2005 bis 2007 abwarten, bevor Entscheidungen in künftige Investitionen getroffen werden könnten. Wie ohne Klimaschutzvorgaben künftig überhaupt Planungssicherheit erreicht werden könne, ließen die VDEW-Manager offen.
 
 

Cerstin Gammelin
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 03.06.2024, 15:47 Uhr

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